Buchumschlag zu Titus
In diesem Buch bringt Titus seinen Schülern die Erzähltheorie von Genette näher. Dabei werden die fünf Rubriken Ordnung, Dauer, Modus, Frequenz und Stimme erklärt. Am Anfang jeder Rubrik gibt es einen Abschnitt der als Szene dargestellt wird, und - mit einer Ausnahme - nichts mit der Erzähltheorie von Genette zu tun hat.
Chrispin (Berlin I)
Mittwoch, ein Tag im November. Mittwoch, der Tag nach Dienstag. Dienstag, der Tag vor Mittwoch. Dienstag, der Tag nach Montag. Montag, der erste Tag nach dem Wochenende. Montag, der erste Arbeitstag. Montag, der Tag, der zwei Tage vor Mittwoch ist.
Mittwoch, der heutige Tag. Mittwoch, der Tag, an dem ich nach Berlin reise. Berlin, das mein heutiges Ziel ist. Berlin, das etwas mehr als eine Stunde entfernt ist. Berlin, das nicht das Ziel meines Zuges ist. Der Zug, der nach Frankfurt Oder fährt. Der Zug, der fast überall hält. Der Zug, der in Brandenburg startet.
Brandenburg, das im Westen vom Osten liegt. Brandenburg, das im Westen vom Land Brandenburg beheimatet ist. Brandenburg, das im östlichen Bundesland Brandenburg liegt. Brandenburg, wo der Zug um acht Uhr fünfundzwanzig losfahren soll.
Der Zug, den ich schon früher betrete. Der Zug, den auch andere Personen früher betreten. Personen, die denken, der Zug würde erst später fahren. Personen, die fast zu spät kommen. Personen, die den Zug doch noch schaffen. Personen, die männlich sind. Personen, die nicht mehr jung sind. Personen, die eine orange Jacke tragen. Personen, die zwei Minuten vor der Abfahrt den Zug betreten.
Der Zug, der bald losfährt. Der Zug, der sich langsam füllt. Der Zug, dessen Lok am Ende fährt. Der Zug, der noch steht. Der Zug, der ein Regionalzug ist. Der Zug, der rote Waggons besitzt. Der Zug, der sich pünktlich in Bewegung setzt. Der Zug, der Richtung Berlin fährt. Der Zug, der nicht leer ist. Der Zug, der Reisende von Brandenburg in einen anderen Ort bringt. Der Zug, in dem der Schaffner die Reisenden begrüßt. Lies weiter auf A.D. schreibt (Externer Link).
© A.D. 2015
Eine magische Geschichte (Auszug aus Teil 12)
Der Oberelf betrat das Schloss, welches Frankenburg genannt wurde. Den Raum, den er betrat war relativ dunkel. Die Fenster spendeten etwas Licht. Wären sie geputzt gewesen, wäre es in diesem Raum sicherlich heller. Mit den Spinnweben aber konnte kaum Licht in die Empfangshalle kommen. Auch die wenigen Kerzen brachten nicht zu viel Licht. Vor allem jetzt nicht.
Da sich das Schlosstor wegen dem Oberelfen öffnete, kam ein Windstoß und ließ einige Kerzen sogleich erlöschen. Das eine Kerze erlosch, musste der Schlossherr - das Skelett mit dem Kürbiskopf - bemerkt haben. Das Skelett kam eine Treppe herunter und wunderte sich, warum einige Kerzen erloschen waren. Es hatte nicht bemerkt, dass an dem Schlosstor geklopft wurde. Das dieses geöffnet wurde und jemand hereinkam.
So war das Skelett etwas überrascht, als es den Oberelfen sah. "Oh, ich habe Besuch. Das ist aber selten" sprach das Skelett mit dem Kürbiskopf. "Das ist wohl auch logisch" erwiderte der Oberelf. Das Skelett verstand nicht, was der Oberelf damit meinte und fragte nach. Der Oberelf präzisierte seine Aussage. "Es ist logisch, dass Du selten Besuch hast."
Wieder einmal verstand das Skelett nicht allzu viel und fragte wieder einmal nach.
Wieder einmal antwortete der Oberelf. "Na ja, erstens: Jemand, der Dich besuchen möchte, muss erst einmal durch den Wald. Durch den dunklen, großen Wald. Das dauerte schon seine Zeit, diesen zu durchqueren. Gäbe es so eine Art Kutschenverkehr, der den Besucher durch den Wald fahren würde, hättest Du sicherlich mehr Besucher."
Das Skelett verstand diesmal die Aussage vom Oberelfen und fragte, ob es noch mehr Gründe gäbe, warum es so selten Besuch bekäme.
Der Oberelf sprach "na ja, selbst wenn es jemanden gäbe, der den Wald passiert hätte, er würde am Schlosstor klopfen, und dann? Er müsste ein Rätsel lösen. Normal würde der Bewohner des Schlosses die Tür öffnen, allenfalls würde er fragen, wer da sei. Ein Rätsel aufgeben ist aber keine gute Lösung. Zumal es einen Fehler hat."
"Wieso" fragte das Skelett mit dem Kürbiskopf.
"Na ganz einfach: Es wird nach einem Wort gefragt, welches das Schlosstor öffnet. Sesam öffne Dich ist doch aber kein Wort, es sind drei Wörter. Wie soll ein Besucher darauf kommen. Ich hatte Glück, das richtige Wort oder besser gesagt den richtigen Spruch zu nennen. Jemand anderes hätte vielleicht nicht so viel Glück."
Das Skelett verstand, doch der Oberelf war noch nicht fertig. [...]
Die Erzählung ist als Buch erhältlich.
© A.D. 2015
Franzis Kolumne (Auszug aus "Papa lässt sich gerne ärgern")
Du magst es, jemanden zu ärgern? Ja? Dieser Jemand ist in den meisten Fällen dein Vater? Wieder ja? Na dann zeig ich Dir mal, wie ich meinen Papa ärgern kann.
Franziska: Ich sehe etwas, das siehst Du nicht.
Papa: Und was?
Franziska: Du hast blaue Augen!
Papa: Wie soll ich dass denn sehen?
Franziska: Ach, stimmt ja. Du hast Dir ja noch keine Brille gekauft. Das wird aber langsam mal Zeit. Dann kannst Du auch den Dreck im Keller sehen, den ich vor kurzem weg gemacht habe.
Papa: Ach, komm: So schlimm war es doch nicht.
Franziska: Nicht so schlimm? Du meckerst bei mir schon, wenn Du nur ein klitzekleines Staubkörnchen siehst. Und das im Keller siehst Du nicht? Du bist wohl kellerblind.
Papa: Was ist denn kellerblind?
Franziska: Och Papa, das ist doch ganz einfach: Du bist blind im Keller. Wenn Du auch hier in der Wohnung blind wärst, müsste ich Dich wohnungsblind nennen. Wobei, warte mal! Du hast ja deine blauen Augen nicht gesehen.
Papa: Das kann ich ja auch nicht.
Franziska: Aber sicher kannst Du das!
Papa: Und wie? Lass die Brille weg. Die hatten wir gerade schon.
Franziska: Mit einem Spiegel vielleicht?
Papa: Mit einem Spiegel?
Franziska: Ja, mit einem Spiegel! Ich könnt Dir ja meinen ausborgen, aber den brauche ich selber.
Papa: Und wozu?
Franziska: Spieglein, Spieglein an der Land, wer ist die schlagfertigste Tochter im Land.
Papa: Na Du!
Franziska: Richtig! Der Kandidat bekommt hundert Punkte. Da er aber keine Brille hat, werden ihm zweihundert Punkte wieder abgezogen.
Papa: Wie viel?
Franziska: Zweihundert!
[...]
© A.D. 2012
Kastor (Auszug aus dem ersten Teil)
[…] Fahrzeuge, die auf dem Dach im Straßengraben liegen. Fahrzeuge, die auf der Seite am Straßenrand langsam auf das Dach kippen. Fahrzeuge, die nicht fahren können. Fahrzeuge, die kein Erdöl brauchen. Fahrzeuge, die mit Gas fahren können. Fahrzeuge, die Strom tanken können. Fahrzeuge, die noch nie fliegen konnten. Fahrzeuge, deren Frontscheibe beschädigt ist. Menschen, die regungslos in den Fahrzeugen sitzen. Menschen, die tot auf den Straßen liegen. Menschen, deren Gliedmaßen auf der Straße verteilt sind. Gliedmaßen, die vom Körper getrennt sind. Gliedmaßen, die in der Mitte gebrochen sind. Organe, die nicht mehr arbeiten. Organe, die offen herumliegen. Herzen, die nicht mehr schlagen. Herzen, die keinen Sauerstoff bekommen. Lippen, die sich nicht bewegen. Lippen, deren Blut verflossen ist. Nasen, die gebrochen sind. Nasen, die keinen Geruch mehr wahrnehmen. Augen, die leer sind. Augen, die eiskalt auf die Erde schauen. Ohren, die nichts mehr hören. Ohren, die nicht mehr am Kopf sind. Haare, die kurz und lang sind. Haare, die verbrannt sind. Haare, die kein Fell mehr stellen. Tiere, die man nicht sieht. Tiere, die keinen Meter gehen. Vögel, die nicht fliegen. Vögel, die nicht auf den Bäumen sitzen. Bäume, die einem gefährlichen Geruch ausgesetzt sind. Bäume, die keine Blätter zeigen. Pflanzen, die nicht blühen. Pflanzen, die verwelkt sind. Pflanzen, die keine Sonne sehen. Wolken, die am Himmel stehen. Wolken, die gelblich schimmern. Rauch, der den Wolken nahe kommt. Rauch der überall aufsteigt. Feuer, das den Rauch erscheinen lässt. Feuer, das nicht gelöscht wird. Feuer, das sich ausbreitet. […]
© A.D. 2011
Titus (Auszug aus Teil 16)
Die letzte Woche der Erzähltheorie beginnt um Punkt Acht. Heute stelle ich die Narrationstypen und die narrativen Ebenen vor. Das eine in der ersten, das andere in der zweiten Deutschstunde. Ich beginne mit dem Erstgenannten:
In der kommenden Stunde werden wir uns mit den Narrationstypen befassen. Es existieren genau vier Typen: Die spätere, die frühere, die gleichzeitige und die eingeschobene Narration.
Die spätere Narration ist die am häufigsten vorkommende. Hierbei wird die Geschichte in der Vergangenheitsform präsentiert. Es gibt nur wenige Geschichten, die nicht in einer Vergangenheitsform erzählt werden. Wenn ich also von meinem gestrigen Tag sprechen würde, wäre dies eine spätere Narration. Damit Ihr es versteht, gebe ich Euch ein Beispiel:
Es war gestern. Wie jeden Tag kam ich gegen Dreiviertel Acht in das Lehrerzimmer. Die Lehrer unterhielten sich, unter anderem auch mit mir. Die Gespräche dauerten nie lange, denn um Punkt Acht begann der Unterricht. Ich lehrte die ersten zwei Stunden Deutsch in der achten Klasse, ehe drei Geschichtsstunden in der neunten und zehnten Klasse dran kamen. So hatte ich gegen halb eins Feierabend. Wobei Feierabend eigentlich das falsche Wort war, denn ich kontrollierte zu Hause Klassenarbeiten und Hausarbeiten. Mit der Kontrolle der Arbeiten war ich gegen neunzehn Uhr fertig. Das war früher, als ich gedacht hatte. So konnte ich ein bisschen eher fernsehen. [...]
Yolanda (Auszug aus dem zehnten Teil)
Mein Traumberuf war Kauffrau im Groß- und Einzelhandel. Klar, dass man es nicht einfach so wird. Diese Berufsqualifikation wird einem nicht geschenkt. Selbst, wenn man es auf dem Wunschzettel für den Weihnachtsmann schreibt. Man muss dafür etwas tun. Wer gerade aus der Schule kam – so wie ich – der musste erst einmal sich um einen Ausbildungsplatz bemühen. Das tat ich.
Ich schrieb an die zwanzig Bewerbungen, mehr Unternehmen gab es in meiner Nähe gar nicht, die eine Ausbildung zur Kauffrau im Groß- und Einzelhandel anboten. Von den zwanzig Bewerbungen bekam ich schon mal zehn Absagen. Zehn Unternehmen wollten mich schon einmal nicht. Doch auch bei den anderen zehn sollte ich nicht immer erste Wahl sein.
Tatsächlich wurde ich nur von vier Unternehmen zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Auf der einen Seite könnte man jetzt sagen „Was, nur so wenig?“ Andererseits war es für mich viel. Es hätte ja schließlich das Pech zuschlagen können, und ich hätte nicht ein einziges Bewerbungsgespräch gehabt. Was ich dann getan hätte, weiß ich nicht. Doch zum Glück hatte ich ja vier verschiedene Bewerbungsgespräche.
Doch, wenn ich Glück habe, ist das Pech ja nie weit entfernt. Dies war auch bei den Bewerbungsgesprächen so. Ich war dreimal zu spät.
Zu meinem ersten Bewerbungsgespräch wollte ich mit Fahrrad fahren. Nicht nur wollte, ich bin es auch. Blöderweise sprang nach einigen Kilometern meine Kette ab. Ich versuchte Sie wieder an die richtige Stelle zu positionieren, doch die Kette sprang immer wieder ab, sobald ich in die Pedalen trat. Dass ich da unpünktlich war, konnte wohl jeder verstehen. Auch wenn ich Extrazeit eingeplant hatte, ich kam vier Minuten zu spät. Ich durfte mir natürlich auch einen blöden Kommentar anhören, das man zu einem Bewerbungsgespräch pünktlich ist.[...]
© A.D. 2012
Zum Feld der Kraniche
Warten, dass es dreizehn Uhr neun ist. Warten, dass die Bahn los fährt. Die Bahn, die die Reisende nach Kranichfeld bringt. Die Bahn, die rot-weiß ist. Die Bahn, die keine einzelne Lok besitzt. Die Bahn, die noch immer steht. Die Bahn, die Reisende aufnimmt. Die Bahn, die vom Lokführer gefahren wird. Der Lokführer der nicht männlich ist. Der Lokführer, der eine Lokführerin ist. Die Lokführerin, die „Hallo“ sagt, als Sie hinein kommt. Die Lokführerin, die Ihre Sachen im Führerstand verstaut. Die Lokführerin, die danach wieder hinausgeht. Die Lokführerin, die sich die Zeit irgendwo vertreibt. Zeit, die die Reisenden warten müssen. Zeit, die nur langsam verrinnt. Zeit, die durch die Uhr angezeigt wird. Eine Uhr, die viele am Arm tragen. Eine Uhr, die dreizehn Uhr sieben anzeigt. Eine Uhr die dreizehn Uhr acht anzeigt. Eine Uhr, die bestimmt auch die Zugführerin hat. Eine Zugführerin, die die Bahn betritt. Eine Zugführerin, die in Begleitung ist. Eine Begleitung, die männlich ist. Eine Begleitung, die in den Führerstand geht. Eine Begleitung, die der wahre Zugführer der Bahn ist. Die Bahn, die sich dank ihm gleich vorwärts bewegt. Die Bahn, die den Motor startet. Die Bahn, die jetzt losfährt. Die Bahn, die durch die Landschaft fährt. Eine Landschaft, die vorbeirauscht. Eine Landschaft, die Gebäude zeigt. Eine Landschaft, die Autos zeigt. Eine Landschaft, die Bäume und Büsche beherbergt. Eine Landschaft, die innerhalb einer Stadt ist. Eine Stadt, die in Thüringen liegt. Eine Stadt, die mehrere Bahnhöfe besitzt. Einen Bahnhof, der den Namen „Weimar West“ trägt. Einen Bahnhof, an dem wir um dreizehn Uhr zwölf halten. Einen Bahnhof, den wir gleich wieder verlassen. Einen Bahnhof, der einen Folgebahnhof besitzt. Ein Folgebahnhof, der den Namen „Weimar, Berkaer Bahnhof“ trägt. Ein Folgebahnhof, vor dem noch eine Schranke wartet. Ein Schranke, die für die Autos gedacht ist. Ein Schranke, die zweimal vor uns liegt. Ein Schranke, nach der der nächste Bahnhof erreicht ist. Ein Bahnhof, an dem die Richtung gewechselt wird. Ein Bahnhof, ab dem es rückwärts geht. Ein Bahnhof, an dem die angebliche Lokführerin zur Schaffnerin wird. Eine Schaffnerin, die die Reisenden kontrolliert. Weiterlesen (Externer Link)
© A.D. 2012
8 Ergebnisse zu Microsoft Word
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